Von oben kommt manchmal nichts Gutes. Der Januar 2019 war einer der schneereichsten Monate der letzten Jahre im Alpenraum. Dörfer waren tagelang durch Lawinenabgänge von der Außenwelt abgeschnitten, Bahnlinien waren blockiert und Streusalz konnte oft nicht bis zu den Anlieferungsorten transportiert werden. Im südlichen Oberbayern wurde in fünf Landkreisen der Katastrophenfall ausgerufen.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr besonders bei solchen Wetterverhältnissen sind Dachlawinen, die Menschen verletzen und Autos beschädigen können. Wer für die Schäden haftet, die von einer Dachlawine verursacht werden, beschäftigt häufig die Gerichte. Zunächst unterliegt jeder Eigentümer einer Immobilie der Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, er muss bei Gefahrenquellen, die von seinem Haus ausgehen, Vorkehrungen treffen, so dass kein anderer geschädigt werden kann. Dies klingt zunächst so, als müsste der Eigentümer in jedem Fall haften. Viele Urteile jedoch schränken den Umfang der Pflicht stark ein.
Die Maßnahmen müssen für den Hausbesitzer zumutbar sein, er muss also nicht aufs Dach steigen und sich in Gefahr begeben. Aus Kostengründen nicht zumutbar ist in der Regel auch die Beauftragung von Fremdfirmen zur Dachräumung. Auch muss er in der Lage sein, eine konkrete Gefahr überhaupt erkennen zu können, beispielsweise durch überhängende Schneebretter oder abbrechende Eiszapfen.
Weitere Einschränkungen ergeben sich beispielsweise durch die allgemeine Schneelage des Ortes. Gibt es normalerweise kaum Schnee, ist im Allgemeinen nicht mit Dachlawinen zu rechnen und somit keine weiteren Sicherungsmaßnahmen nötig. Weitere Aspekte, die die Gerichte bei Streitfällen heranziehen, sind beispielsweise Beschaffenheit und Lage des Gebäudes, die in den örtlichen Gemeindesatzungen festgelegten Sicherheitsvorkehrungen (Schneegitterpflicht am Dach oder nicht) oder auch die konkrete Witterungslage.
Ein Urteil des Amtsgerichts München von 2014 sieht sogar den Geschädigten in der Pflicht. Der Anwohner, dessen Auto beschädigt wurde, sei als Ortsansässiger mit der Gefahr von Dachlawinen vertraut und müsse daher sein Auto an einem vor Dachlawinen sicheren Ort abstellen.
Wenn der Eigentümer des Hauses jedoch eine konkrete Gefahr erkennt, kann es durchaus angebracht sein, beispielsweise Winter/Dachlawinen-Hinweisschilder aufzustellen oder mit flexiblen Absperrelementen zu arbeiten. Das gilt auch für nicht-öffentliche Flächen, zum Beispiel ein Betriebsgelände: Kommt der Unternehmer während der Gefährdungsbeurteilung zum Schluss, dass an bestimmten Stellen Dachlawinen drohen, können Maßnahmen wie das Anbringen von Schneegittern, das Aufstellen von Warnschildern und weiteren Produkten für die Unfallverhütung erforderlich sein.
Die Situation in Österreich und der Schweiz
In Österreich ist die Haftung eindeutiger geregelt. Paragraph 193 der Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt vor, dass Hauseigentümer straßenseitig Schneeablagerungen und Eisbildungen entfernen müssen. Aber auch hier ist in vielen Urteilen von den „Grenzen der Zumutbarkeit“ die Rede, so dass vor Gericht wie in Deutschland eine Fülle von Aspekten beleuchtet wird.
Auch in der Schweiz haftet der „Werkeigentümer“ (zum Beispiel der Eigentümer eines Hauses) nach Artikel 58 Abs. 1 des Obligationenrechts (OR) für den Schaden, der infolge fehlerhafter Anlage oder mangelhaften Unterhalts seines Gebäudes wird. Hinsichtlich der Schneefanggitter an den Dächern geht die Schweiz einen eigenen Weg. Anders als in Deutschland oder Österreich gibt es eine schweizweit gültige Norm des schweizerischen Ingenieur und Architektenvereins (SIA), nach der Schneefangsysteme unter bestimmten Bedingungen zwingend vorgeschrieben sind (SIA 232).
Sind Sie in Ihrem Job für den Winterdienst zuständig? Melden Sie sich noch heute für unseren Newsletter an und erhalten Sie praktische Tipps und Informationen.
Neueste Kommentare